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akutes Nierenversagen  
 
 
Einteilung 

Das akute Nierenversagen (ANV) ist definiert als eine akute Verminderung der Nierenfunktion innert Stunden bis Tagen. Es ist gekennzeichnet durch  einen Anstieg der harnpflichtigen Substanzen im Blut (Creatinin, Harnstoff usw.), durch Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Klinisch kommt es nicht selten zu einer Anurie/Oligurie, die übrigen Symptome sind stark von der auslösenden Ursache abhängig. Bei Ausfall der Nierenfunktion kann das Creatinin 80-130 µmol/L (1 bis 1.5 mg/dL) täglich ansteigen.

Akutes Nierenversagen kann durch eine Vielzahl von Erkrankungen bedingt sein. Entsprechend der auslösenden Ursache wird das ANV unterteilt in:

  • Prärenales ANV
  • Renales ANV
  • Postrenales ANV

Akutes Nierenversagen ist nicht selten: man rechnet damit, dass etwa 5% der Hospitalisierten und etwa 30% der Patienten auf einer Intensivstation ein ANV aufweisen. 

 

Prärenales Nierenversagen 

Die häufigste Form des akuten Nierenversagens ist durch eine Verminderung der Nierendurchblutung bedingt. Dabei ist es durchaus möglich (zumindest zu Beginn der Erkrankung), dass die Nieren selbst noch funktionsfähig wären.

Ursachen der verminderten Nierendurchblutung können sein:

  • Vermindertes intravasales Blutvolumen: starke Blutungen, gastrointestinale Blutverluste, Dehydratation, Pankreatitis, Verbrennungen, Traumata, Peritonitis.
     
  • Änderung des Gefässwiderstandes: Sepsis, Anaphylaxie, Anästhesie, Medikamente. 
    ACE-Hemmer (ACE: Angiotensin Converting Enzyme) verhindern eine Konstriktion der efferenten Nierenarteriolen weitaus stärker als diejenige der afferenten Nierenarteriolen, was zu einer Verminderung der glomerulären Filtrationsrate führt. 
    NSAIDs (nonsteroidal anti-inflammatory drugs) verhindern die durch Prostaglandine hervorgerufene Vasodilatation. Adrenalin, Noradrenalin, Anästhetika und Cyclosporin können eine Vasokonstriktion verursachen. 
    Die Stenose der Nierenarterie verursacht ebenfalls eine Widerstandserhöhung und damit eine Verminderung der Nierenperfusion.
     
  • Verminderte Herztätigkeit (engl. low cardiac output): 

Labor: die Untersuchung von Blut und Urin zeigen, dass die Nieren versuchen, durch Retention von Salz und Wasser ein ausreichendes Blutvolumen aufrecht zu erhalten. Dementsprechend ist die Urinosmolalität hoch, die Konzentration von Natrium im Urin klein und das Urinvolumen gering. Das Urinsediment ist unauffällig und daher wichtig zur Abgrenzung von Nierenerkrankungen. Durch die massive Einschränkung der Ausscheidungsfunktion steigt entsprechend die Konzentration der harnpflichtigen Substanzen (Cystatin C, Creatinin, Harnstoff) im Blut an.

 

 
Renales Nierenversagen 

Ursachen des renalen Nierenversagens können Schädigungen der Glomerula (z.B. akute Glomerulonephritis), des Tubulussystems (z.B. durch toxische Substanzen) und/oder des Interstitiums (z.B. interstitielle Nephritis) sein.

 
Postrenales Nierenversagen 

Das postrenale Nierenversagen wird durch eine Abflussbehinderung des Urins im Bereich der Ureteren, der Harnblase oder der Urethra ausgelöst. Es ist mit ca. 5% die seltenste Form des ANV. Die Abflussbehinderung führt über eine Druckerhöhung in den Nephronen zu einer Verminderung der glomerulären Filtrationsrate. 

Die Laboruntersuchungen ergeben eine hohe Urinosmolalität, und einen Anstieg der harnpflichtigen Substanzen. Das Urinsediment ist aber meistens unauffällig, solange es noch nicht zu einer Schädigung der Nieren gekommen ist. 

 zu: chronische Niereninsuffizienz


21.11.2000 / hpk