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  HLA-assozierte Erkrankungen 

Die Erkrankungen, welche von der Anwesenheit bestimmter Oberflächenantigenen abhängig sind, sind so zahlreich wie mannigfaltig. Sie haben einen gemeinsamen Hintergrund: die Autoimmunität. 

Beispiel: Morbus Bechterew. Das Immunsystem hält beispielsweise B27-haltige Bindegewebszellen für fremd, weil irgendwann im Leben eine Klebsielleninfektion  vorhanden war, gegen die sich der Körper mit Antikörperproduktion gewehrt hat. Ein Patient, welcher B27 auf der Oberfläche seiner Bindegewebszellen trägt, erkrankt möglicherweise an einen Morbus Bechterew, einer schweren und progredient verlaufenden entzündlichen Erkrankung, welche vor allem die Wirbelsäule betrifft. Ein Patient, welcher B27 nicht hat, sondern ein anderes Eiweiss mit derselben Funktion, das dieses Epitop nicht besitzt, erkrankt nicht.

Tabelle 1: Krankheiten, welche mit der Anwesenheit gewisser MHC-Genen assoziert sind.

Krankheit

Allele

Relatives Risiko

Bemerkungen

Morbus Behçet

B5

6.3

 

Morbus Bechterew
(Spondylitis ankylosans)

B27

87.4

Autoantikörper gegen Bindegewebsbestandteile mit Wirbelsäulenverkrümmung und teilweise Herzklappenbeteiligung Verhältnis w/m 0.3

Morbus Reiter

B27

37.0

“Reiter-Trias”: Bindehaut-, Harnröhren- und mehrfache Gelenksentzündung. Zwei Formen: eine beginnt mit einer Darminfektion, die andere mit einem geschlechtlich übertragenen Virus.

Subakute Thyreoiditis

B35

13.7

 

Psoriasis vulgaris

Cw6

13.3

Autoantikörper gegen Cadherin, ein Protein, das beteiligt ist bei der Haftung von Hautzellen aneinander. Folge: Blasenbildung der Haut und Schleimhäute

Zöliakie

DR3

10.8

Autoantikörper gegen Enterozyten

Morbus Basedow

DR3

3.7

Hyperthyreose bedingt durch Ak gegen den TSH-Rezeptor, welcher die Anwesenheit von TSH simuliert (hormoneller  Regelkreis)
Verhältnis w/m 4 - 5

Diabetes mellitus
Typ 1

DR3 und/oder DR4 

7.9

DR3 und DR4: führt 3 mal häufiger zu D.m. als wenn man nur eines dieser Allele besitzt. 
DR2
schützt vor dem Ausbruch von Diabetes, auch wenn DR3 oder DR4 vorhanden sind. 
Verhältnis w/m 1

Myastenia gravis

DR3

2.5

Autoantikörper gegen den Acetylcholinesterase-Rezeptor an der motorischen Endplatte mit progredienten Muskellähmungen

Systemischer Lupus erythematodes
(SLE)

DR3

5.8

Verhältnis w/m 10 bis 20

Multiple Sklerose
(MS)

DR2, B7, A2

4.1

Autoantikörper gegen Gliazellen, welche die Myelinscheide der Hirnneuronen bilden. 
Verhältnis w/m 10

Rheumatoide Arthritis

DR4

4.2

Autoantikörper gegen verschiedene Bindegewebsstrukturen, beispielsweise Knorpelzellen. Verhältnis w/m 3

Hashimoto Thyreoiditis

DR3, DR5

3.2

T-Zellvermittelte Schilddrüsenentzündung mit Hypothyreose   w>m

Perniziöse Anämie

DR5

5.4

Ak gegen den Intrinsic Factor (IF) der Magenschleimhaut, wodurch die Vitamin B12-Resorption erniedrigt wird.

Juvenile chronische Arthritis

DRw8

3.6

 

Goodpasture Syndrom

DR2

 

Autoantikörper gegen die Basalmembran der Lungenalveolen und Glomeruli (Nephritis)

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Erkrankung

Allele Relatives Risiko

Bemerkungen

Morbus Behcet B5 6.3
Morbus Bechterew B27 87.4
Morbus Reiter B27 37.0
Subakute Thyreoiditis B35 13.7
Psoriasis vulgaris Cw6 13.3
Zöliakie DR3 10.8
Morbus Basedow DR3 3.7 Hyperthyreose bedingt durch Ak gegen den TSH-Rezeptor, welcher die Anwesenheit von TSH simuliert (hormoneller  Regelkreis)
Diabetes mellitus Typ 1 DR3 und/oder DR4 7.9 DR2 schützt vor Ausbruch von Diabetes
Myastenia gravis DR3 2.5 Autoantikörper gegen den Acetylcholinesterase-Rezeptor an der motorischen Endplatte mit progredienten Muskellähmungen
Systemischer Lupus erythematodes DR3 5.8
Multiple Sklerose DR2 4.1
Rheumatoide Arthritis DR4 4.2
Hashimoto Thyreoiditis DR3, DR5 3.2 w>m T-Zellvermittelte Schilddrüsenentzündung mit Hypothyreose
Perniziöse Anämie DR5 5.4
Juveniler chronischer Arthritis DRw8 3.6

Die Liste wird jedes Jahr länger. Alle diese Erkrankungen weisen eine gewisse genetische Korrelation auf, welche aber oft nicht sehr stark ist. Die Oberflächenantigene (DR...etc.) werden aber sicher vererbt. Vermutlich braucht es aber meist zusätzlich eine Infektion oder Kontakt mit bestimmten Fremdantigenen, damit die Erkrankung sich entwickelt. (siehe: HLA II)

Häufig ist noch eine weitere Komponente spürbar, die Verteilung der Erkrankung ist für beide Geschlechter ungleich. Obwohl man meinen könnte, dass dies am wahrscheinlichsten eine hormonelle Ursache hat, ist dies keineswegs bewiesen.

 

01.11.2001 /bw