Biorama / Analysenverzeichnis
 
Parathormon [EDTA-Plasma]
 

 
Praeanalytik 
Blutentnahme: EDTA-Plasma: PTH ist im EDTA-Plasma viel stabiler als im Serum ! 
Blutentnahme morgens bei nüchternem Patienten bevorzugt.
Gleichzeitige Bestimmung des ionisierten Calciums für eine aussagekräftige Interpretation notwendig: benötigt zusätzliches Serum Röhrchen (kein EDTA-Plasma!) 
Probe: Aufbewahrung von Serum im Kühlschrank bis maximal 2 Tage, andernfalls einfrieren (bei -20°C ca. 6 Monate haltbar). Wiederholtes Einfrieren und Auftauen ist zu vermeiden.
Administration 
Synonyma: Parathyrin, intaktes Parathormon, PTH (1-84) 
Kosten: 60 Taxpunkte / Tarifposition: 8454.00
Links: Calcium ionisiert, Phosphat
Indikationen 
Differentialdiagnose der Hypercalcämie 
Diagnose und Verlaufskontrolle eines Hyperparathyreoidismus
Eingeschränkte Nierenfunktion: zur Frühzeitigen Erkennung eines sekundären Hyperparathyreoidismus wird eine halbjährliche Kontrolle empfohlen. 
Analytik 
Methode: 

Immunoassay: Elektrochemilumineszenz-Immunoassay auf dem Roche Elecsys.
Der Test erfasst das intakte Parathormon. 

Es besteht vermutlich eine Kreuzreaktion mit (biologisch inaktiven) Fragmenten, denen nur die ersten N-terminalen Aminosäuren fehlen ; solche sollen gehäuft in Proben urämischer Patienten vorkommen. 

Referenzbereich 
15 - 65 pg/mlL     : Erwachsene (1.6 - 6.9 pmol/L) 

Achtung: die Referenzbereiche sind methodenabhängig!

Umrechnung:  1 pg/mlL = 0.105 pmol/l
Diagnostik 
Erhöhte Werte: 
Primärer Hyperparathyreoidismus (HPT)
Sekundärer Hyperparathyreoidismus bei Niereninsuffizienz 
Pseudohypoparathyreoidismus 
Vitamin D-Mangel 
Erniedrigte Werte: 
Primärer Hypoparathyreoidismus 
Tumor-Hypercalcämie 
Vitamin D-Überdosierung 
Biochemie 
Molekulargewicht:  9425 Dalton (Peptid aus 84 Aminosäuren)
Biochemie: Vorkommen : PTH wird in der Nebenschilddrüse synthetisiert. Die Freisetzung erfolgt pulsweise, überlagert von einem circadianen Rhythmus. PTH erhöht die Plasmakonzentration des Calciums und senkt diejenige des Phosphats. Es besteht eine negative Rückkopplung zwischen dem "ionisierten" Calcium und der Freisetzung von PTH. Auch 1,25-Dihydroxyvitamin- D3 senkt den PTH-Spiegel. 

PTH wird in vivo in der Leber und der Niere rasch in verschiedene Fragmente gespalten. Für die biologische Aktivität (Bindung an den Rezeptor) sind nur die N-terminalen Aminosäuren 1-34 erforderlich. Die C-terminalen Fragmente haben offenbar keine biologische Rolle, zirkulieren aber länger im Plasma als die rasch eliminierten N-terminalen Fragmente. Als bester Parameter für den Status der Nebenschilddrüse gilt derzeit das intakte Parathormon 1-84.

PTH reguliert das ionisierte Calcium kurz- als auch langfristig. Die kurzfristige Wirkung besteht in einer gesteigerten tubulären Rückresorption und einer vermehrten Freisetzung von Calcium aus den Knochen. Langfristig stimuliert PTH die Bildung von Calcitriol in den Nieren. Calcitriol wird für die Aufnahme von Calcium durch den Darm benötigt. 

Immunoassays : Das Blut enthält stets ein Gemisch von intaktem PTH und verschiedenen Fragmenten. Die spezifische Bestimmung des intakten PTH wurde möglich durch die Entwicklung von Sandwich-Immunoassays, bei denen der eine Antikörper an die N-terminalen Aminosäuren 1-34 bindet, während der andere mit dem C-Terminus 44-84 reagiert.
 

Pathobiochemie:  -
Klinik: Ursache des primären Hyperparathyreoidismus (primärer HPT) ist in ca. 80% eine gutartige Geschwulst (Adenom) einer Nebenschilddrüse, seltener eine Hyperplasie aller vier Nebenschilddrüsen und in ca 1% eine Nebenschilddrüsen- Karzinom. Wegen einer Steigerung von  tubulärer Calciumrückresorption, ossärer Calcium-Resorption und intestinaler Calciumaufnahme haben die Patienten neben dem erhöhten PTH praktisch immer eine Hypercalcämie. In der Frühphase können jedoch Calcium und PTH im oberen Normbereich liegen. Diese Patienten können symptomlos sein, einige haben Nierensteine.

Die Hypercalcämie führt zu einer Vielzahl von möglichen Symptomen wie vermehrtes Durstempfinden, Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder depressiver Verstimmung. Der länger dauernde HPT führt zur klassischen Trisa mit "Stein-, Bein- und Magenpein", d.h. Nierensteinbildung, Kalkablagerungen in den Nieren Knochenschmerzen mit osteoporoseähnlichen Bildern, Zysten, Resorptionen unter dem Periost, pathologischen Frakturen gastroduodenalem Ulcusleiden und Pankreatitis. Bei einer Hypercalcämie über 3.0 mmol/L kommt es zur Polyurie, da die Nieren nicht mehr in der Lage sind, konzentrierten Urin zu bilden. Steigt das Calcium über 4.0 mmol/L kann eine hypercalcämische Krise mit Bewusstlosigkeit des Patienten auftreten. 

Die Indikation zur operative Behandlung des primären HPT sollte durch drei erhöhte Calciumwerte und mindestens zwei erhöhte PTH abgesichert sein. Nach Entfernung eines Adenoms fallen die Spiegel an intaktem PTH rasch ab, die Halbwertszeit beträgt etwa 3 Minuten. 

Der sekundäre Hyperparathyreoidismus beruht auf einer regulativen Erhöhung der PTH-Sekretion infolge einer Hypocalcämie. Ursachen sind eine chronische Niereninsuffizienz, ungenügende gastrointestinale Calciumaufnahme wegen Darmerkrankungen (seltener ungenügender Calciumzufuhr mit der Nahrung) und Mangel an Vitamin D.

Schon bei einer Abnahme der Creatinin-Clearance auf 60 mL/min kann sich ein sekundärer HPT entwickeln. Ursache ist eine verminderte Bildung von Calcitriol in den Nieren. Dadurch nimmt die Calciumaufnahme im Darm ab und und die hemmende Wirkung von Calcitriol auf die Bildung von PTH und die Zellteilungsrate der Nebenschilddrüsen ist vermindert. Es kommt daher nicht nur zu einer PTH-Zunahme, sondern auch zu einem Wachstum der Nebenschilddrüsen. Bei einem schweren sekundären HPT treten neben den Symptomen der Grunderkrankung vorallem Knochenschmerzen mit erhöhter Frakturneigung auf. 

Anders als bei Vitamin D-Mangel haben Patienten mit Niereninsuffizienz erhöhte Phosphatwerte im Plasma. PTH fördert die Phosphatausscheidung in den Nieren. Die Ausscheidung in den Nieren gelingt daher Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion nur, wenn vermehrt PTH ausgeschüttet wird. Daher haben Patienten mit phosphatreicher Ernährung (z.B. Wurstwaren) oft einen schwereren HPT. Die Ausscheidung von Phosphat sollte unter 1200 mg/24 Stunden bzw. unter 800 mg/g Creatinin liegen. 

Der tertiäre Hyperparathyreoidismus tritt auf als autonome PTH-Sekretion durch langfristige Stimulation der Nebenschilddrüsen und deren Hyperplasie als Folge eines sekundären Hyperparathyreoidismus meistens bei Niereninsuffizienz.
 

Die Ursachen für einen Hypoparathyreoidismus sind meistens iatrogen: Strumaresektion oder Bestrahlung der Halsregion. Ganz selten führen eine Hämochromatose oder eine angeborene Hypoplasie der Nebenschilddrüsen zu einer verminderten Versorgung mit PTH. Klinische Zeichen ist aufgrund des erniedrigten Calciums die Erregbarkeit von Muskeln und Nerven erhöht. Es kommt zu Tetanien mit Muskelkrämpfen (Pfötchenstellung der Hände) und Parästhesien. Langfristig treten Haar- und Nagelwuchsstörungen, Katarakt (grauer Star), Osteosklerose (Verdichtung des Knochengewebes mit verminderter Elastizität), erhöhte Reizbarkeit und depressive Verstimmungen auf.

Im Labor sind PTH, Calcium und Magnesium erniedrigt, Phosphat erhöht.
 

Literatur 
1. Lepage R., et al :
A non-(1-84) circulating parathyroid hormone (PTH) fragment interferes significantly with intact PTH commercial assay measurements in uremic samples.
Clin. Chem. 44(4) (1998) 805-809

 


12.08.2001 / hpk