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Harnsäure [Serum]
 

 
Praeanalytik 
Blutentnahme: Plasma/Serum
Blutentnahme morgens bei nüchternem Patienten bevorzugt.
Blutentnahmen in aufrechter Körperhaltung ergeben ca. 10% höhere Werte als bei liegenden Patienten.
Probe: Aufbewahrung von Serum im Kühlschrank bis maximal 3 Tage, andernfalls einfrieren. Wiederholtes Einfrieren und Auftauen ist zu vermeiden.
Administration 
Synonyma: Urat, 2,6,8-Trioxypurin (C5H4N4O3), engl. uric acid, fr. urates
Kosten: 9 Taxpunkte / Tarifposition: 8578.00
Links: Harnsäure [Urin], Alkohol 
Indikationen 
Nachweis einer Hyperurikämie, Gicht
Analytik 
Methode: 

enzymatische Bestimmung mit Uricase (Hitachi, Roche)

Referenzbereich 
120 - 350 mikromol/L : Frauen 
150 - 420 mikromol/L  : Männer

Achtung: die Referenzbereiche sind methodenabhängig!

Umrechnung:  [mg/dL] × 59.5 = [mikromol/L] ; [mikromol/L] × 0.0168 = [mg/dL]
Diagnostik 
Diagnostische 
Beurteilung
Die Harnsäurekonzentration ist beim akuten Gichtanfall nicht immer erhöht! 
Ein erhöhter Harnsäurespiegel ist nicht beweisend für eine Gicht! Entscheidend ist allein das klinische Bild (wobei zu bedenken ist, dass bei ca. 1/4 der Patienten eine Nierenkolik das erste Anzeichen einer Gicht ist). 
95% der Personen mit Hyperurikämie entwickeln keine Gichtsymptome! 
Erhöhte Werte: 
Primäre Gicht 
Sekundäre Gicht 
Asymptomatische Hyperurikämien werden beobachtet bei:
eiweissreicher Ernährung 
  • Alkoholkonsum 
  • Übergewicht 
  • Hypertonie 
  • Ischämische Herzleiden 
  • Hyperlipoproteinämie Typ IV 
  • Verminderter Glukosetoleranz
  • schwere körperliche Anstrengung 
Erniedrigte Werte: 
Autosomal rezessiv vererbter selektiver Defekt der renal-tubulären Rückresorption von Natriumurat. Führt zu einer mässigen Urikosurie und bei der Hälfte der Patienten zu Nierensteinen. 
Biochemie 
Molekulargewicht:  168.1 Dalton
Biochemie: Harnsäure ist das Endprodukt des Purinstoffwechsels (Adenosin und Guanosin). Sie wird bei Gesunden zu etwa zwei Drittel durch die Nieren und zu etwa einem Drittel durch den Gastrointestinaltrakt ausgeschieden. Im Darm wird die Harnsäure grösstenteils durch bakterielle Enzyme zu Kohlendioxid und Ammoniak (NH3) abgebaut. In der Niere wird die Harnsäure glomerulär filtriert, im proximalen Tubulus aber praktisch vollständig rückresorbiert. Im distalen Tubulus wird sie durch aktiven Transport sezerniert. Bei erhöhter Plasmakonzentration kann die Sekretion gesteigert werden.
Pathobiochemie:  Langdauernde Hyperurikämien können zu Gicht führen. Gicht ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern die klinische Manifestation einer Reihe von Stoffwechselstörungen, die zur Ablagerung von Harnsäurekristallen in Gelenken und Nieren führen.
Primäre Gicht: genetisch bedingt, durch Umwelteinflüsse ausgelöst. In den meisten Fällen lässt sich eine verminderte renale Uratausscheidung nachweisen, bei einer Minderzahl (je nach Autor 1-25%) liegt eine Überproduktion von Purinen vor. In manchen Fällen sind beide Störungen gleichzeitig vorhanden.

Sekundäre Gicht: Infolge vermehrter Uratbildung bei gesteigerter Blutneubildung (Polycythämia vera, sekundäre Polyglobulie, chronisch myeloische Leukose, chronisch-myeloproliferative Störungen, hämolytische Anämie).
Massiver Zellabbau (z.B. bei Zytostatikabehandlung oder Strahlentherapie) und damit von Purinnukleotiden kann so grosse Mengen von Harnsäure freisetzen, dass es wegen einer Verstopfung von renalen Sammelrohren und der Harnleiter zur akuten obstruktiven Uropathie kommen kann, falls keine Prophylaxe eingesetzt wird.
Infolge verminderter Ausscheidung von Harnsäure: Nierenkrankheiten, metabolische Hemmung der renalen Harnsäureausscheidung (Ketoazidose bei Hunger oder entgleistem Diabetes mellitus, alkoholbedingte Lactazidose, Arzneimittel wie Thiazide, Ciclosporin).

Klinik: Man unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Gicht, allerdings kann die Grenze nicht eindeutig gezogen werden, da Überschneidungen vorkommen.
Literatur 
1. Price CP, James DR: Analytical reviews in clinical biochemistry: the measurement of urate. Ann Clin Biochem 1988; 25; 484-498

 


29.02.2000 / hpk