Biorama / Analysenverzeichnis
 
Cortisol [Serum]
 

 
Praeanalytik 
Blutentnahme: Plasma/Serum
Für die Blutentnahme Tagesrhythmus des Cortisol beachten.
  • Für den Nachweis eines Hypercortisolismus ist die Blutentnahme am Abend durchzuführen.
  • Für den Nachweis eines Hypocortisolismus ist die Blutentnahme am Morgen zwischen 8.00 und 9.00 Uhr durchzuführen. 
Eine Therapie mit Corticosteroiden ist, falls möglich, rechtzeitig vor der Probennahme abzusetzen. Bei einer Substitutionstherapie sind es 2 Tage, bei einer Pharmakotherapie eine Woche und mehr.
Blutentnahmen in aufrechter Körperhaltung ergeben ca. 10% höhere Werte als bei liegenden Patienten.
Probe: Aufbewahrung von Serum im Kühlschrank bis maximal 5 Tage, andernfalls einfrieren. Wiederholtes Einfrieren und Auftauen ist zu vermeiden.
Administration 
Synonyma: Kortisol, Hydrocortison, Compound F, (11-beta,17-alpha,21-triol-3,20-dion)
Kosten: 30 Taxpunkte / Tarifpositionen: 8174.00 (basal), 8176.00 (stimuliert), 8175.00 (supprimiert)
Links: ACTH,  
Indikationen 
M.Cushing bzw. Cushing-Syndrom: am Anfang jeder Cushing-Abklärung sollte der niedrig dosierte Dexamethason-Hemmtest stehen, welcher der einmaligen basalen Cortisolbestimmung immer überlege ist.  
Adipositas unklarer Ätiologie (Stammfettsucht)
Nebennierenrindeninsuffizienz (NNR-Insuffizienz)
Analytik 
Methode: 

Immunoassay
Bei Immunoassays werden wegen der
Kreuzreaktionen in wechselndem Ausmass auch andere Steroide (besonders Prednisolon) erfasst. Besonders darauf zu achten ist bei Niereninsuffizienz, da es wegen der verminderten Ausscheidung zu einer deutlichen Zunahme verschiedener Konjugate kommen kann. 

Referenzbereich 
über 200 nmol/L   : Cortisol morgens (Erwachsene) 
unter 165 nmol/L : Cortisol abends (Erwachsene)

Achtung: die Referenzbereiche sind methodenabhängig!

Umrechnung:  [µg/dL] × 0.0276 = [µmol/L] ; [µmol/L] × 36.2 = [µg/dL]
Diagnostik 
Biologische 
Einflussgrössen
Antiepileptika (Phenytoin), Spironolacton und Östrogene (Antikonzeptiva) können zu deutlich erhöhten basalen Cortisolwerten führen und sogar zu pathologischen Resultaten beim Dexamethason-Hemmtest führen.
Erhöhte Werte
(Hypercortisolismus): 
M. Cushing (ca. 70% aller Fälle mit endogenem Hypercortisolismus)
Cushing-Syndrom: meistens verursacht durch ein solitäres NNR-Adenom, selten ein Karzinom, noch seltener eine noduläre Hyperplasie. 
Bei Kindern überwiegen die Karzinome. 
Die Schwellendosis für ein iatrogenes Cushing-Syndrom ist sehr unterschiedlich. 
Adipositas: die Abgrenzung von der cortisolbedingten Stammfettsucht gelingt am einfachsten mit dem Dexamethason-Hemmtest. 
Alkoholmissbrauch: exzessiver langjähriger Alkoholabusus kann zu einem Pseudo-Cushing-Syndrom mit pathologischem Dexamethason-Test führen. 
Endogene Depression: die typische Cushing-Symptomatik fehlt, trotzdem kann der Dexamethason-Hemmtest pathologisch ausfallen 

Zu beachten ist, dass sowohl der M. Cushing wie auch das Cushing-Syndrom bei NNR-Adenom spontan remittieren bzw. intermittierend verlaufen können. 

Erniedrigte Werte: 
M.Addison (primäre NNR-Insuffizienz)
Ein Morgencortisol von mehr als 80 µg/L () schliesst eine NNR-Insuffizienz praktisch aus. Allerdings können schwerstkranke Patienten aufgrund der extremen Stresssituation trotz NNR-Insuffizienz scheinbar normale (bis 150 ) Cortisolwerte zeigen. In diesen Fällen und bei grenzwertigen oder erniedrigten Werten ist ein ACTH-Test angezeigt. 
Biochemie 
Molekulargewicht:   362.47 (Hydrocortison)
Biochemie: Cortisol ist der wichtigste Vertreter der Glucocorticoide . 
Täglich werden in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde ca. 20-30 mg Cortisol aus Cholesterin gebildet. Die Sekretion unterliegt einem ausgeprägten circadianen Rhythmus mit hohen Werten am Morgen und tiefen in den Abendstunden. 

Physiologisch wirkt Cortisol auf die Glukoneogenese, die Lipolyse und die Wasserbilanzierung (Förderung der Natriumretention und Kaliumausscheidung, Hemmung der Wasserdurchlässigkeit der distalen Nierentubuli).

Therapeutisch ausgenutzt werden vor allem die antiinflammatorische und immunsuppressive Wirkung. 

Die Steuerung der Cortisolsekretion erfolgt in einem Regelkreis mit negativer Rückkopplung über das vom Hypophysenvorderlappen gebildete ACTH (Corticotropin, früher adrenocorticotropes Hormon). 

Pathobiochemie:  Bei M.Cushing liegt ein Hypercortisolismus aufgrund einer autonomen hypophysär-hypothalamischen Überproduktion von ACTH vor. 
Alle anderen Formen des Hypercortisolismus werden als Cushing-Syndrom zusammengefasst (z.B. primäre Überfunktion der Nebennieren bei NNR-Adenom oder iatrogen). Bei ca. 15% der Patienten liegt eine ektope ACTH-Produktion vor.
Klinik: Der Morbus Cushing geht einher mit Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Hautstreifen, arterieller Hypertonie, Leistungsschwäche, endokrinem Psychosyndrom, Osteoporose, Diabetes mellitus, Impotenz, Oligo- bis Amenorrhoe, Hypertrichose. 
Bei Kindern kann es zu Wachstumsstörungen kommen. 

Die primäre Nebenniereninsuffizienz wird als Morbus Addison bezeichnet. Dabei fehlen nicht nur die Glucocorticoide sondern auch die Mineralcorticoide und die in den NNR gebildeten Sexualhormone. 
Die wichtigsten klinischen Zeichen sind: Asthenie und Gewichtsabnahme (100%), Pigmentierungen (94%), Anorexie (90%), Vomitus (84%), Nausea (81%). Zudem können abdominale Beschwerden, Salzhunger und Muskelschmerzen auf die Erkrankung hinweisen.

Literatur 
1. Cushing H: The basophil adenomas of the pituitary body and their clinical manifestations (pituitary bosophilism) Bull Johns Hopkins Hosp 1932; 3: 137-195 
 2.  Moore A et al: Cortisol assays: guidelines for the provision of a clinical biochemistry service. Ann Clin Biochem 1985; 22: 435-454 

 


03.03.2001 / hpk