Biorama / Analysenverzeichnis
 
Lactat [Plasma]
 

 
Praeanalytik 
Blutentnahme: Plasma/Serum/Vollblut [abhängig von Messmethode]
Die Messung von Lactat kann auch im Liquor cerebrospinalis durchgeführt werden (Indikation)
Blutentnahme wenn möglich aus ungestauter Vene.
Blut unverzüglich in das Labor überführen.
Probe: Messung unverzüglich durchführen. Ohne Glykolysehemmer (Fluorid) steigt der Lactatwert im Blut in 20 Minuten um das 3-4 fache. 

Falls nicht sofort gemessen werden kann, ist die Probe innerhalb von 2 Stunden zu zentrifugieren und das Plasma abzutrennen.

Administration 
Synonyma: Milchsäure, engl. lactic acid
Kosten: 25 Taxpunkte / Tarifposition: 8035.00
Links: Hämoglobin, Sauerstoffsättigung
Indikationen 
Prognose und Verlaufsbeurteilungen bei Kreislaufschock und Vergiftungen 
Sepsis 
Erkennung von Gewebshypoxydosen bei einem arteriellen pO2, der noch im Normbereich liegt. 
Darmischämie 
respiratorische Insuffizienz 
Verdacht auf Cyanidvergiftung bei Rauchvergiftung 
Unklare metabolische Acidosen, besonders bei vergrösserter Anionenlücke 
McArdle Syndrom (Typ IV der Glykogenspeicherkrankheiten des Muskels) 
Sportmedizin: Beurteilung von Trainingszustand und Belastbarkeit

Anmerkung: Indikationen zur Lactatbestimmung im Liquor cerebrospinalis: Ermöglicht Differenzierung zwischen bakterieller und viraler Meningitis (aussagekräftiger als L-Glucose). Gleichzeitige Beurteilung der Leukozytenzahl. 

Analytik 
Methode: 
Biosensor: häufig in Blutgasgeräte integriert. Für die Blutentnahmen können die gleichen Spritzen verwendet werden.
Enzymatische Bestimmung: PAP-Test
Referenzbereich 
Blut, 37°C, Erwachsene  : 0.6 - 2.4 mmol/L 
Zur Erfassung der aerob-anaeroben Schwelle gilt der Anstieg des Lactats auf 4.0 mmol/L im peripheren Blut. 
Lactazidose: P-Lactat > 5 mmol/l und Blut-pH < 7.35 
"Normale" Lactatkonzentrationen von < 2.4 mmol/L schliessen eine regionale Minderdurchblutung eines Organs nicht aus!
Bei der Beurteilung muss die Leberfunktion mitberücksichtigt werden. 

Achtung: die Referenzbereiche sind abhängig vom Medium, der Art der Blutentnahme (arteriell, venös, kapillär) und der Messmethode!

Umrechnung:  [mmol/L] × 9.01 = [mg/dL] ; [mg/dL] × 0.111 = [mmol/L]
Diagnostik 
Biologische Einflussgrössen: 
Bei schwerer körperlicher Anstrengung kann die Lactatproduktion auf das 10-fache ansteigen, normalisiert sich aber danach innerhalb von 1-2 Stunden.
Erhöhte Werte:  Erhöhte Werte bei Hypoxie
Schock, Sepsis 
respiratorische Insuffizienz, dekompensierte Herzinsuffizienz 
schwere Anämie, Dyshämoglobine, CO-Vergiftung 
Darmischämie (intestinaler Gefässverschluss), abnormale Darmflora 
Apoplexie 
Cyanidvergiftung: eine metabolische Azidose mit einer Lactatkonzentration von mehr als 10 mmol/L ist ein Indikator für eine potentiell toxische Cyanidkonzentration von über 40 µmol/L bei Rauchvergiftungen.
Toxische Cyanidkonzentrationen können bei Bränden durch thermische Zersetzung von Natur- und Kunststoffen wie z.B. Wolle, Seide, Polyurethan oder Polyacrylnitril entstehen. 

Erhöhte Werte ohne Hypoxie

Schwere Infektionen durch erhöhte Glykolyse bzw. Inaktivierung der Pyruvatdehydrogenase durch Endotoxinwirkung. 
Funktionsstörungen der Leber (verminderte Abbau)  
Ausschwemmung von Lactat nach Beseitigung einer Hypoxie 
Hämofiltration (exogene Quelle)

Anmerkung: pathologische Lactatanstiege bis 5mmol/L ohne begleitende metabolische Azidose werden als Hyperlactatämie bezeichnet, Lactatspiegel mit kausal verknüpfter metabolischer Azidose werden als Lactazidose (nicht Lactatazidose) bezeichnet. 

Normale Werte: 
Normale Lactatwerte im Blut schliessen eine Gewebshypoxie nicht aus. Wegen der grossen Verwertungskapazität der Leber können im Blut normale Lactatkonzentrationen gemessen werden, obwohl schon eine Gewebshypoxie mit mesenterialer Lactazidose im Darm bestehen kann. 
Biochemie 
Molekulargewicht:  90.08 Dalton.
Biochemie: Lactat ist das Anion bzw. Salz der Milchsäure. Es wird ausschliesslich aus Pyruvat im Rahmen der anaeroben Glykolyse gebildet und ist damit ein Endprodukt des anaeroben Zellstoffwechsels der Glucose. In Skelettmuskel, Haut, Darmmukosa, Blutzellen, Nieren und Gehirn werden zusammen ca. 0.7-1.3 mmol Lactat pro Stunde gebildet. 

Lactat wird physiologischerweise von der Leber durch Oxidation im Krebszyklus zu Kohlendioxid und Wasser metabolisiert oder zu Glukose resynthetisiert (Glukoneogenese). 

Bei den im Organismus vorkommenden pH-Werten ist Lactat zu über 99% dissoziiert (pK=3.9). Lactat des Blutplasmas steht im Austausch mit zellulärem Lactat.

Die Lactatbildung der Zellen wird bestimmt durch

  • die Produktion von Pyruvat 
  • dem Redoxstatus und 
  • dem Blut-pH 

 

Pathobiochemie:  Bei schwerem Schockgeschehen können innerhalb von 10 Minuten ca. 0.8 mmol/L, unter kardiopulmonaler Reanimation sogar 2.7 mmol/L Lactat gebildet werden. Bei der Sepsis wird angenommen, dass nicht ein Sauerstoffdefizit des Gewebes, sondern ein vermehrter Glucoseumsatz mit gesteigerter Pyruvatproduktion für die Lactatakkumulation verantwortlich ist. 

Nach erfolgreicher Reanimation können, unter der Voraussetzung einer normalen Leberfunktion, innerhalb von 10 Minuten bis zu 10 mmol/L Lactat abgebaut werden (Die maximale Verwertungskapazität der Leber liegt bei 400 mmol pro Stunde). 

Klinik: Die Lactazidose gilt als ernsthafte Komplikation bei Patienten mit Schocksyndrom oder Intoxikationen mit Methanol oder Salicylaten. 

Klinisch lässt sich eine Lactazidose mit gestörter Gewebeperfusion (LA Typ A) wie sie vor allem bei septischem Schock, Ileus, Myokardinfarkt usw. auftritt, von einer Lactazidose Typ B mit intakter Organoxygenation, wie sie bei Intoxikationen mit Pharmaka, hämatologischen Neoplasien usw. gesehen werden kann, abtrennen.

Literatur 
1. Baud FJ et al: Elevated blood cyanide concentrations in victims of smoke inhalation.
New Engl J Med 1991; 325: 1761-1766 
 2.  Smith SM et al: D-Lactic acid measurements in the diagnosis of bacterial infections.
J Clin Microbiol 1989; 27: 385 -388 

 


29.02.2000 / hpk